top of page

China - wir könn's ja mal probieren

Wir dachten, dass wir in Peking bereits unseren Tiefpunkt erreicht hatten und es ging mit dem Zug nach Qingdao, da wo das Bier Tsingtao gebraut wird. Schon am zweiten Tag sassen wir wie ein Häufchen Elend an der schrecklich überfüllten und dreckigen Strandpromenade und fragten uns ernsthaft wer diese bekloppte Idee hatte, hier her zu fahren. Auch hier präsentierte sich uns China wieder von seiner besten Seite: Hochsommer, Super High Saison und Masse soweit das Auge reicht.



Selbst ein Spaziergang durch die alten deutschen Kolonialbauten erwies sich für uns als unüberwindbar. Die Tage zogen sich dahin und unsere Stimmung wurde immer drückender. Es schien als hätten wir unser erstes Travel Burnout erlebt. Es ging soweit, dass man auf der Strasse steht und einfach anfängt zu heulen. Wir schauten wohin wir fliegen könnten, nach Thailand oder Vietnam, nur raus aus China. Aber am Ende entschieden wir uns dem Land noch eine Chance zu geben.

Dann verschlug es uns doch nach Shanghai! Dort nahmen wir uns zur Abwechslung ein sehr nettes kleines Apartment im 35. Stock mit Blick auf die Stadt. Shanghai war zwar auch überlaufen, heiss wie in einem Backofen (40°C) und voller Menschen aber irgendwie wehte hier ein anderer Wind als in Peking oder Qingdao. Uns gefiel es gut und wir hatten ein paar wirklich tolle Tage in dieser riesigen Stadt.



Ein Ereignis bleibt uns besonders im Kopf: Wir waren in einem Restaurant mit Terrasse. Da es sehr heiss war, sassen natürlich alle drinnen. Demnach war dieser beliebte Ort sehr voll, so dass es vorkam, dass man warten musste um einen Platz zu bekommen. Wir hatten Glück und bekamen recht schnell einen Platz. Es war jeder Tisch besetzt. Fast jeder. Wir assen und quatschten als es plötzlich einen sehr lauten explosionsartigen Knall gab und massig Glassplitter durch die Gegend flogen! Scheinbar durch die Hitze ist die riesige Glasfront zur Terrasse einfach explodiert. Der Tisch an dieser Scheibe war übersät mit Glas und auch andere Tische herum wurden mit Glasbrocken voll geregnet. Genau in diesen paar Minuten war dieser Tisch an der Glasfront nicht besetzt. Die alten Gäste gingen gerade und die neuen waren auf dem Weg. Hätte genau dort jemand gesessen, wäre das ganze wohl blutig ausgegangen. Das war ein grosser Schreck.


Nach Shanghai entschieden wir, dass wir direkt in die chinesische Provinz Yunnan fahren. Was heisst fahren, wir mussten fliegen😦. Mit grosser Flugangst so eine Sache. Wir mussten zwischen Lucky Air und China Eastern Airlines entscheiden. Des Namens wegen entschieden wir uns für zweiteres. Knapp drei Stunden flogen wir bis Kunming, hier und da mal eine Turbulenz aber letztendlich erreichten wir wieder sicher den Boden unter den Füssen. Kunming selbst erschien uns mit seinen 6 Millionen Einwohnern nach Peking, Qingdao und Shanghai als gemütliche Kleinstadt.



Dort verweilten wir zwei Nächte und sind dann mit dem Bus Richtung Yuanyang – zu den grössten Reisterrassen der Welt! Wir kauften das Busticket im Hostel in Kunming und laut Reiseführer würde die Fahrt 6-7 Stunden dauern. Am Morgen ging es los. Erst einmal erreichten wir den Bus drei Minuten vor Abfahrt. Wir tranken lieber gemütlich einen Kaffee am Morgen bis wir realisierten dass wir spät dran waren. Jedenfalls sassen wir dann noch pünktlich zur Abfahrt im vollbesetzten Bus. Und ja, eine Busfahrt in China ist abenteuerlich! Nicht wegen der Strassen, wie es uns in Russland beschert wurde, nein. Hier herrschen andere Probleme. Die Hauptstrasse war gesperrt, wieso haben wir nicht heraus bekommen. Stattdessen fuhren wir den Alternativweg über einen Pass. Dort ging es in Serpentinen hinauf. Immer schön dicht am Hang entlang mit ordentlich Gegenverkehr. Als es immer höher ging, fuhren wir irgendwann in eine dichte Wolke hinein und die Sicht betrug 3 Meter. Man sah nur knapp links aus dem Fenster, dass da gleich die Strasse aufhörte und es in dem Nebel den Abgrund hinunter ging. Wir schauten stur geradeaus. Als wir aus der Wolke raus waren, fuhren wir ein paar Kilometer und stoppten. Jo, das war’s erst mal! Dieser Stopp dauert über 2 Stunden. Warum? Weil Chinesen ihre eigene Art haben, einen Unfall zu klären. Vor uns auf der Strasse stand ein kleiner Seat und ein Motorradartiges Dreirad. Beim Überholen hat man sich scheinbar gestreift so dass es einen relativ kleinen Blechschaden gab. Aber Polizei wird hier nicht gerufen. Man klärt das eigenständig. Die Fahrer der beiden Fahrzeuge waren dabei zu verhandeln, wer welche Summe bezahlen soll. Das ganze passiert soweit friedlich aber sie sitzen es aus! So ist es hier üblich. Es gibt keiner nach, egal wie lange es dauert. Die beiden Fahrzeuge versperrten den Weg komplett. Kleine Autos suchten sich mit Mühe einen Weg vorbei an der Seite. Ab und zu steckten sie kurz fest aber kamen letztendlich doch vorbei. Jedoch nicht ein Bus. Da standen sie nun stur und verhandelten. Die Menschentraube wurde immer grösser. Selbst aus den Büschen kamen sie heraus. Die Fahrzeuge häuften sich an und aus den Bussen stiegen die Leute aus und gesellten sich dazu. Wir waren genau drei Spanier und zwei Deutsche inmitten dieser chinesischen Traube. Es rotzte, furzte und kotzte um uns herum. Alle diskutieren und versuchten mit Händen und Füssen einen Weg um die beiden Autos zu finden. Es käme hier niemand auf die Idee den kleinen Seat beiseite zu schieben. Es ist einfach so üblich. Zwei haben einen kleinen Unfall, nur einen kleinen Sachschaden, aber involviert werden Hunderte. Den Verursachern ist das aber total egal. Es ging nichts. Da standen wir nun und warteten und warteten.



Irgendwann war da ein anderer mit Chinesen voll besetzter Bus, welcher die Geduld verlor. Er bretterte draufgängerisch an den beiden Autos vorbei, blieb jedoch auf halber Strecke stecken. Drum herum hunderte kleine Chinesen, die aufgeregt kluge Handzeichen gaben, wie der Fahrer lenken soll. Nach mehrmaligem Durchtreten des Gaspedals, schaffte es dieser Bus heraus. Dann kam unser Fahrer wieder ins Spiel. Dies ermutigte ihn es auch zu versuchen. Und er schaffte es! Zwar mit Mühe, aber unser riesiger Bus, der auf der ganzen Fahrt immer brutal aufsetzte, schaffte es auch heraus. Es gab grossen Beifall. Statt 17 Uhr kamen wir dann gegen 21 Uhr in Xinjie an. Dann erfuhren wir, dass wir nun mit einem anderen Minivan noch mal eine Stunde zu unserem Endziel Duoyishu fahren müssen. Wir schafften es noch vor Mitternacht. Nun sitzen wir inmitten der Reisterrassen und es ist das erste Mal in China, dass wir Stille erleben. Hier ist es so unglaublich ruhig und gefühlte drei Touristen laufen herum. Ansonsten sind wir nur umgeben von Einheimischen, vom Stamm der Hani, welche täglich in ihren bunten Trachten unterwegs sind. Gearbeitet wird hier körperlich schwer und vor allem Frauen sieht man hier mit riesigen Körben auf dem Rücken, gefüllt mit Ziegelsteinen und Sand. Auf der Strasse begleiten dich Schweine und kleine Ferkel, Hühner mit ihren kleinen Miniküken sowie Katz und Hund. Es ist alles so unaufgeregt hier. Und so still. Nun sitzen auf unserer Terrasse, hören den Wasserläufen zu und wissen, dass es eine gute Entscheidung war, China nicht vorzeitig zu verlassen.



Anmerkung: Die Rückfahrt! Ja, diese war noch „amüsanter“. Diesmal war die Hauptstrasse offen. Dann konnte ja dieser 6 stündigen Fahrt nichts im Weg stehen. Oder doch?! Ja, es wurde sehr gruselig. Die Fahrt wurde begleitet von Erdrutschen. Plötzlich mussten wir halten, da vor uns ein halber Berg die Strasse runter kam. Bagger waren dabei den Schutt beiseite zu schieben so dass man dort die Strasse wieder passieren konnte. Ein zweites Mal hielten wir und mussten zusehen, wie links die Felswand abbröckelte. Zwischen kleinen Steinen, schossen auch ansehnliche Brocken hinunter. Gespannt sassen wir im Bus und warteten. Das jedoch nicht sehr lange und unser Busfahrer hatte wohl zuvor „Stirb Langsam“ gesehen und machte sich bereit diese Passage mit dem Bus zu überwinden. Er trat Bremse und Gaspedal gleichzeitig durch bis er die Bremse los liess und wir (im Kopf laut schreiend) die Stelle mit der herunterkommenden Erde mit Vollspeed überquerten. Nun ja, wir haben überlebt. Die Gruselfahrt setzte sich fort, hier und da fehlte ein Stück Strasse aber wir kamen unversehrt wieder in Kunming an.

bottom of page