Als es endlich aufhörte zu regnen in Lijiang mieteten wir uns Fahrräder um einen Ausflug nach Baisha zu machen. Daniel mit neuer Frisur und ich noch immer mit wahrscheinlicher Gürtelrose auf dem Rücken. Baisha war ein kleines verschlafenes Dörfchen und wir bereuten schon, dass wir nicht dort statt in Lijiang abgestiegen sind.
Hier war alles so unaufgeregt und Pferd und Ochs wirbelten den Staub durch die kleinen Gassen. Ich war nach wie vor etwas nervös, da ich ja immer noch nicht wusste, was das da auf meinem Rücken war. Ich versuchte einfach locker zu bleiben und positiv zu denken. Als wir durch die Strassen liefen, fiel mir ein kleiner Laden auf, der aussah wie eine kleine alte Apotheke. Eine Frau kam mir entgegen und zeigte immer auf einen anderen Laden auf der gegenüberliegenden Seite. Als wir hinüber gingen, realisierten wir, dass wir beim famosen Dr. Ho gelandet sind, einem bekannten Heilpraktiker.
Hier ein kleiner Auszug aus Dr. Ho`s Geschiche von Marc Tessier:
“Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Praktiker empfängt Dr. Ho Menschen aus aller Welt in seiner Klinik für chinesische Medizin, der Jade Dragon Snow Mountain Chinese Herbal Medicien Clinic, im Süden Chinas. Im Durchschnitt erhält er 30 Patientenbriefe pro Tag. Er behandelt die meisten Erkrankungen – Leukämie, Krebs, Nierenprobleme, Bronchitis und Hepatits, um nur einige zu nennen – mit pflanzlichen Mitteln aus der Umgebung des Yulong Shan Gebirges. Er kennt 2000 Kräuter, die er frei verwendet. Selbst mit über 80 Jahren streifte er noch durchs Gebirge um Heilpflanzen zu sammeln. Sein Erfolg ist beträchtlich. Er behandelt die Leute umsonst, nimmt aber gern von wohlhabenden Patienten Spenden entgegen. Seine harmonische Haltung zum Leben und der Medizin ist einfach. „Sei glücklich“, sagt er. „Das ist die beste Medizin. Meiner Meinung nach ist der Schlüssel dafür, ein einfaches Leben zu führen. Kein Rauchen. Keinen Alkohol. Ich bin sehr glücklich“. Sein Abschluss seines Studiums in der Nanjing Universität 1949, widmete Ho sein Leben der Hilfe anderer. Kurz nach seinem Studium erkrankte er schwer und ging zurück in seinen Geburtstort Basiha in der Nähe von Lijiang in der Provinz Yunnan. Er begann sich mit Heilkräutern zu beschäftigen. Dabei benutzte er die geheimen Rezepturen seines Vaters und die Kenntnisse des Botanikers Joseph Rock. Damit heilte er sich selbst und erkannte wie er anderen helfen kann. Er erklärt seinen Erfolg mit einer einzigen Ursache: „Einige moderne Krankenhäuser erwirtschaften viel Geld. Ich verdiene nicht so viel, deshalb bin ich berühmt.“ Eine Tatsache, dass der Pflanzenkenner in Artikeln des New York Times Magazine, Readers Digit, The Independent Traveller, wie auch in Reiseführern wie Lonely Planet erwähnt wurde, hat ihm sicherlich nicht geschadet. Selbst ein Dokumentarfilm von Julia Berg „The Most Admired Man“ erzählt die Geschichte des Doktors. Wenn er gefragt wird, warum er niemals in eine der grossen Städte Chinas wie Kunming, Guangzhou oder Shanghai gezogen ist, hält Ho füreinen Augenblick inne um über seine Karriere nachzudenken. „Ich bin jetzt 81“, sagt er. „Ich habe keine Zeit mehr irgendwo hinzugehen. Ich habe mein bestes gegeben. Ich kann den Leuten helfen, wenn sie zu mir kommen. Ich habe nicht mehr lange zu leben und ich mag die Ruhe.”
Seine Praxis besteht aus einem sehr kühlen Raum, welcher überall Türen hat. Seine Klinik ist klein und vollgestopft. Die Wände sind geschmückt mit Visitenkarten von Patienten, welche ihn aufsuchten. Dann stand plötzlich Dr. Ho vor uns. Er ist mittlerweile 91 Jahre alt. Er trägt einen weissen (mittlerweile grauen) Kittel. Auf dem Kopf hat er eine Wollmütze. Es ist sehr kalt in dem Zimmer. Seine Augen verdeckt eine Sonnenbrille, welche wahrscheinlich eher für Frauen mit ausgeprägtem Modesinn gedacht war. In seiner Nase steckte ein Taschentuch, da er ständig Nasenbluten hat. Um seinen Mund trägt er einen Bart.
Später betritt seine Frau das Zimmer. Eine niedliche alte Frau, welche geschätzte 1000 kleine Fältchen im ganzen Gesicht hat. Ihre Augen sehen müde aus. Sie trägt einen langen Rock und eine dicke Jacke. Auf dem Kopf hat sie eine Art Kappe. In beiden Händen hält sie Walnüsse, welche sie gekonnt in ihren Händen rollen lässt. Dieses Geräusch der aneinander reibenden Nusschalen ist irgendwie beruhigend. Man bittet uns Platz zu nehmen. Dr. Ho zeigt uns seine Geschichte auf Blättern, welche er in allen möglichen Sprachen übersetzt hatte. Neben den völlig zu geklebten Wänden, gab es da noch den Tresen aus Glas. Dieser war gefüllt mit tausenden von Papieren, welche mittlerweile eine gelbliche Farbe angenommen hatten. Man sah kaum noch etwas von dem Glastresen.
Dann wurde ich „untersucht“. Er fühlte meinen Puls an beiden Handgelenken und ich musste meine Zunge rausstrecken. Ich zeigte ihm auch meine vermutliche Gürtelrose am Rücken. Er nickte mehrmals und lief in einen Nebenraum. Dort stand ein Tisch auf dem auch verstreut Papiere und Gefässe standen. Dr. Ho verschaffte sich Platz und pustete über den Tisch. Eine riesige Staubwolke wirbelte auf, so dass ich für ein paar Sekunden keinen Dr. Ho mehr sehen konnte. Ich beobachte ihn, wie er Kräuter zusammen mixte und diese in Papier einwickelte. Auf die Innenseite schrieb er mir auf, wie ich die Kräuter zu mischen habe. Zwischendurch verschwand er in seinen Garten und man hörte ihn dort rumhantieren. Da schlurfte er wieder in die Praxis und gab mir drei Pakete mit Kräutern. Zum Trinken und zum Auftragen auf die Haut.
So fuhren wir am Abend zurück nach Lijiang mit drei Pakten im Rucksack. Dies ist nun schon einige Tage her und nach sorgfältiger Anwendung, siehe da, mein Ausschlag geht weg. Als wir seine Praxis verliessen, sagte er: „ Always try to be optimistic. Be happy!“
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