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Friendship Highway - „Fuck ist das kalt!“

Nachdem wir Lhasa hinter uns liessen, starten wir mit dem Auto unsere Tour runter nach Nepal. Da waren wir, Daniel und Jessi, sowie Youri und Michiel unsere belgische Bekanntschaft aus dem Internet. Dazu gabs dann noch einen Guide und einen Fahrer. Unterwegs waren wir zu sechst in einem Auto wobei unser Guide im Kofferraum sass! Auch unser Fahrer war ein lustiger Gesell. Er hatte diese wirklich komische Stimme, an die wir uns eine Weile gewöhnen mussten, ohne dass man nicht jedes mal ein Schmunzeln unterdrücken musste, wenn er etwas sagte. Beeinflusst wurde dies durch seine Hasenscharte und wahrscheinlich einer Kehlkopfkrankheit. Aber er war immer gut drauf und steckte manchmal damit an. Von Lhasa ging es als erstes nach Shigatse. Auf der Fahrt fuhren wir zum Yamdrok Lake , einer der höchstgelegenen und einer der drei heiligen Seen Tibets (4441m).



In Tibet ist es von der Regierung vorgegeben, dass Ausländer (also wir) in gewissen Unterkünften nicht übernachten dürfen. Als Grund wird hierfür die Sicherheit angegeben!? Also endeten wir in einem 2 Sterne Hotel, welches unser Guide empfahl. Wir zahlten jeder ca. 5 Euro für diese Übernachtung. Wir standen noch an der Rezeption, wo selbst die Rezeptionisten in ihren dicksten Wintermänteln standen. Wir selbst waren auch durchgefroren und standen da mit Mütze, Schal und Handschuhe. Wir freuten uns auf unser warmes Zimmer. Als wir das Zimmer betraten, wurde uns schnell klar, dass hier andere Bedingungen herrschen. Wir betraten einen Kühlschrank. Statt Sachen abzulegen, zogen wir uns noch mehr an. Ich hatte die Idee zu duschen, aber diese verwarf ich umgehend. Da standen zwei kleine Betten. Daniel und ich entschieden uns in ein Bett zu legen um uns somit mit zwei Decken zudecken zu können und durch Körperwärme zusätzliche Wärme zu erzeugen. Da lagen wir nun, die Decke bis unter die Nase gezogen und Mütze auf dem Kopf. Wir waren mittlerweile auf 3800m und ich merkte die Höhe schon sehr. Nachts schreckte ich oft hoch, da ich das Gefühl hatte, zu ersticken. Ich schlief fast sitzend, da mir das Atmen so leichter viel.


Am nächsten Morgen ging es gegen 9 Uhr weiter. Nächstes Ziel war die kleine Stadt Tingri. Zu unserem sehr grossen Bedauern, war das Mount Everest Base Camp seit ein paar Wochen geschlossen , da sich in der Region ein tragischer Unfall ereignete und einige Menschen dabei starben. Aber auf der Fahrt nach Tingri würden wir ihn von weitem sehen.



Während der Fahrt überquerten wir einen Pass von 5250m. Das war extrem aufregend für uns. Noch nie haben wir so weit oben auf der Welt gestanden. Man spürt es langsam, wenn das Auto immer höher und höher fährt. Die Atmung ändert sich. Diese wird kurz und schnell. Dazu diese enorme Kälte. Wir hatten Sonne und blauen Himmel, doch die Temperatur betrug nicht mehr als -20C°. Als wir aus dem Auto stiegen und unsere Umgebung wahrnahmen ist man wie in Trance. Einerseits ist jeder Schritt so anstrengend und plötzlich kann es auch mal gewaltig im Kopf stechen, aber man ist so eingenommen, dass man das völlig ignoriert.


Wir fuhren in grossen Kurven und langsam zeigte sich der Himalaya vor uns. Jeder versuchte den Everest zu erkennen, bis er plötzlich vor uns lag. Man fährt Stunden in diesem Auto, ist irgendwie nervös und dann zeigt er sich plötzlich am Horizont. Unter meiner Sonnenbrille kullerte eine Träne. Ich war so gerührt davon. Das war mir fast peinlich aber der Himalaya hat eine ganz andere Macht, eine Wucht würde ich sogar sagen. Die Alpen sind friedlich, der Himalaya aber ist majestätisch und einschüchternd. Die Fahrt über schwiegen wir fast durchgehend, weil jeder aus dem Fenster starrte und die gewaltigen Berge in sich aufsog. Nur unser Fahrer betete die ganze Zeit vor sich her. Eine fast komische Situation, wie wir alle gequetscht im Auto sassen, uns anschwiegen und der Fahrer mit Scharte die ganze Zeit immer lauter werdende Mantra vor sich hin sagte. Irgendwie wirkte das beruhigend. Es gab so viele Eindrücke, die man in diesem Moment nur schwer fassen kann.


Am Abend kamen wir in Tingri an. Auch hier stiegen wir in einem einfachen 1 Stern Hotel ab. Wir dachten, dass wir ja nun schon abgehärtet sind was Kälte und Komfort angeht, aber wie wir auf dieser Reise ausgiebig lernten, es geht immer schlimmer. Es wurde noch kälter! Die Toilette war diesmal ein Loch im Boden. Im Flur stand ein Kanister mit Wasser und einer Schüssel darunter. Doch war da das Wasser bereits gefroren. Das Zimmer hatte zwei kleine Zwergenbetten. Wir zogen alles an was wir besassen und aufgrund der Kälte schliefen wir auch hier zu zweit in einem 80cm breiten Bett. Auf uns drauf lagen 5 Decken, von denen eine Decke gefühlte 4kg wog.


Die kälteste Nacht unseres Lebens Die kälteste Nacht unseres Lebens

Da lagen wir nun, konnten uns keinen Zentimeter bewegen und versuchten zu schlafen. Irgendwie war es lustig. Wir lachten viel. Auch die Belgier nebenan hörten wir herzhaft über die Situation lachen. Es war brutal kalt. Ich zog mir zwei Mützen über den Kopf, der Atem kondensierte.

Am nächsten Morgen war die grösste Herausforderung aus dem Bett zu kriechen in diesem scheinbar eingefrorenen Zimmer. Zähne geputzt wurde mit Eiswasser. Plötzlich rannte unser Fahrer mit Hemd und Schlüpfer über den Flur zum Klo. Wir, in 2 Hosen und 4 Jacken, starrten uns mit offenem Mund an und fanden es saukomisch.

Wir waren froh als wir im Auto sassen und uns die Sonne durch die Scheibe wieder aufwärmte. Unser Guide versprach uns, dass wir heute den tollsten Blick auf den Himalaya haben werden. Auf ca. 5000m stoppte das Auto auf dem Tropu La Pass und vor uns zeigte sich der Himalaya von seiner schönsten Seite. Der Blick in die unendliche Weite. Eiskalter Wind schoss uns um die Ohren. Das Flattern der tibetischen Gebetsfähnchen war ohrenbetäubend. Wir machten unsere Fotos und sprangen wieder ins Auto um nicht vom Berg zu wehen.




Dann ging es nach Zhangmu, dem Grenzort zu Nepal. Serpentinartig ging es in eine Art Schlucht und wir fuhren spürbar immer tiefer bis wir wieder auf 2300m waren und alles um uns grün war. Da oben auf 5000m wächst kein einziger Baum oder Grashalm. Zhangmu war ein typischer Grenzort. Laut, dreckig und ein bunter Mix aus Menschen. Durch die Stadt türmten sich regelrecht die LKWs, die von oder nach Nepal fuhren. Grenzstädte haben immer diese eigenartige Atmosphäre. Irgendwie liegt der Duft von Kriminalität in der Luft. Daniel und ich stiegen in einem Hostel ab. Da fühlten wir uns tausend Mal wohler als in diesen 1-2 Sterne Hotels.


Am nächsten Morgen wurden wir zur nepalesischen Grenze gefahren. Hier endete die Reise für unseren tibetischen Guide und Fahrer. Die chinesischen Zollbeamten legten das übliche chinesische Verhalten auf. Sie durchsuchten auch unser Gepäck und vor allem Bücher wurden genauestens inspiziert. Besitzt man ein Buch, in dem den Chinesen die Darstellung Tibets nicht passt, wird dieses sofort konfiziert. Dieser Aufgabe gehen sie akribisch nach. Anschliessend überquerten wir eine Brücke, auf deren Mitte ein roter Streifen die Landesgrenze signalisierte. Auf chinesischer Seite war die Brücke gesäumt mit stramm stehenden Soldaten, auf der nepalesischen Seite stand niemand. So latschen wir einfach mal rüber und landeten in einem Wusel aus Menschen und noch mehr Menschen. Es roch schlagartig anders, obwohl wir uns nur 30m von China befanden. Der Geruch von Curry machte sich breit. Zufällig kamen wir an dem Visahäuschen vorbei, welches wir suchten, damit wir das Visa on Arrival bekommen. Überall wimmelte es von Nepali, welche durchgehend fragten, ob wir ein Taxi benötigen. Wir hatten noch nicht mal das Visum und wurden schon belagert. Wir füllten einen Wisch aus und binnen 10 Minuten hatte wir alle einen Aufkleber im Pass. Anschliessend kümmerten wir uns um ein Taxi, was uns in das 130km entfernte Kathmandu fahren sollte. Offiziell beträgt so eine Fahrt ca. 6 Euro pro Person. Doch aufgrund der anstehenden Wahlen in Nepal, so wurde uns erklärt, sind die Preise nun 6 mal so teuer. Doch wir blieben stur. Am Ende sassen wir zu ACHT in einem Auto. Zwei sassen vorne, vier auf der hinteren Bank und zwei machten es sich im Kofferraum bequem zusammen mit unserem Gepäck. Und los ging die Fahrt. Es wurde geraucht im Auto und nepalesische Popmusik lief im Autoradio.


Für die 130km brauchten wir fast 7 Stunden. Wir mussten ständig anhalten und warten und warten und warten. Aufgrund der Wahlen kam es zu Unruhen und wir mussten auf die Polizei warten, welche uns im Konvoi durch die Orte fuhr. Man setzte uns in Thamel in Kathmandu ab und durch Zufall landeten wir im Hotel Tenki, dessen Besitzer Deutsch lernt und uns scheinbar ganz toll fand. Prompt wurden wir am ersten Abend auf die Geburtstagsfeier seiner 7 jährigen Tochter eingeladen. Einen schöneren Einstieg konnten wir uns nicht vorstellen. Wir sind bis jetzt nur ein paar Tage in Nepal aber wir wissen jetzt schon, dass es uns hier sehr gefallen wird.

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