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Signora Mariellas hässliche Hunde

Um unser Fernweh ein wenig zu heilen, fuhren wir für ein Wochenende nach Verona in Italien. Neben seiner fantastischen unschlagbaren Küche, haute uns auch die gesamte Kulisse dieser Stadt um. Wir fühlten uns oft wie in den klassischen Filmen, in denen man von seiner Wohnung immer die grossen schweren Türen öffnet und auf die enge Gasse nach draussen tritt und einem eine hupende Vespa fast über die Füsse fährt. Am Strassenrand stehen die alten Männer mit den Händen in den Hüften, gestikulieren wild und schnattern quer zum Nachbarn rüber. So schlendert man von einer Gasse zur anderen und fragt sich, ob es hier einen Wettbewerb gibt, wer wohl den schönsten Balkon hat. Vorbei an kleinen Cafés und Osterias, schnell über die überfüllte Einkaufsstrasse, zum Haus der Julia und schnell wieder seinen Weg in die stillen Gassen zurück. Dann sitzt man draussen in einem Café, was nur zwei Stühle besitzt und trinkt den besten Espresso der Welt für 0.90 Cent. Wochenlang könnten wir das machen.



Unser Zimmer hatten wir bei Mariella, inmitten der schönen Altstadt. Als wir ankamen, standen wir erst einmal in einem kleinen vermüllten Modeatelier. Überall hingen Stoffe oder auch fertige Kleider. Auf den Tischen lagen Bücher über Mode und Schnitte und ein Haufen Papier mit Skizzen. Mariella war ein kleine schon etwas ältere Frau mit grauen kurzen Haaren und rotem Lippenstift. Sie sprach kein einziges Wort Englisch und wir leider auch kein Wort Italienisch. Somit entstand ein sehr amüsantes Gespräch. Doch zuvor wollte sie ihre beiden Hunde aus der Kammer lassen. Wir hatten schon vorher gewusst, dass sie zwei Hunde hat und wir freuten uns und stellten uns zwei kleine niedliche Hündchen vor. Als die Tür der Kammer aufging, kamen uns plötzlich zwei grosse Gestalten in Schwarz und Grau entgegen. Das Lächeln auf unseren Gesichtern schien wie eingefroren. Wir schauten uns nur an und dachten gleichzeitig „Was ist das denn???“ Vor uns standen zwei Hunde, dessen Rasse wir noch nie in unserem ganzen Leben gesehen haben. Ihre Gesichter waren völlig zerknautscht. Ihre Augen waren ganz klein und vor lauter Falten kaum zu sehen. Auch die Ohren waren mini klein und wirkten wie drangeklebt am Kopf. Die Schnauze und Nase sahen aus als drücken sie diese breit an eine Fensterscheibe. Sie sahen auch nicht besonders freundlich aus. Ich quetschte mich gleich in eine Ecke und vermied direkten Augenkontakt mit den beiden Gestalten. Schnell huschten wir in unser kleines Schlafgemach, welches neben dem Atelier war.



Ich hörte die Hunde die ganze Zeit an der Türe bei uns schnüffeln am Boden. Wir flitzten jedes Mal schnell durch das Atelier an den Hunden vorbei. Diese lagen manchmal in ihrem riesigen Korb und wir rannten so schnell, dass sie es nie schafften uns gleich aufzufressen. Der eine Hund (im schwarzen Gewand) jedoch mochte Daniel. Wenn wir es nicht schafften schnell genug vom Zimmer Richtung Eingangstür zu laufen, sprang er Daniel immer von hinten an den Rücken. Als ob er ihn schubsen wollte und sagte „Ey man, spiel mit mir!“ Ich rannte jedes Mal um mein Leben, nur schnell weg. Manchmal hingen den Hunden lange dicke Sabberfäden aus dem Maul. Wenn sie sich dann kräftig schüttelten, flogen diese durch das gesamte Atelier. Ich versteckte mich hinter einem Schirm. So schliefen wir neben den Hunden im Atelier. Mariella betonte, dass es noch „Babys“ wären. Wenn sie ausgewachsen sind, gehen sie uns wahrscheinlich bis zum Kinn.


Am nächsten Morgen gab uns Mariella in ihrer kleinen Küche ein kleines Frühstück. Als Tisch verwendete sie ihren alten Nähmaschinentisch, legte dort eine kleine rote Decke mit weissen Punkten drauf. Es gab Kaffee und Zwieback mit Marmelade.



Wir sassen am Fenster und schauten über ihre Kräuter auf dem Fensterbrett hinweg in den blauen Himmel. Unten hupten die Vespa Fahrer. Ja, so stellten wir uns Italien vor. Wir schlenderten immer wieder durch die Gässchen, sassen in kleinen Cafés und stellten uns vor, wie es wohl wäre hier für ein paar Monate zu bleiben und italienisch zu lernen. Eine schöne Vorstellung. Am Abend war ein bisschen Kultur angesagt. Wir hatten Karten für die Arena di Verona, ein altes Amphitheater, welches im Jahr 30 n. Chr. errichtet wurde. Es fanden die alljährlichen Opernfestspiele statt. Wir wollten uns schon immer eine italienische Oper in Italien reinziehen. Vor der Oper gingen wir noch in eine kleine feine Osteria essen. Daniel hatte uns dort einen Tisch reserviert. Als wir gegen 19 Uhr ankamen war kein einziger Gast da. Vor uns lag ein Meer aus Tischen und Stühlen, wunderschön dekoriert. Daniel betrat den Tresen und sagte dem Kellner selbstbewusst: „Wir haben reserviert!“ Der Kellner guckte in das leere Restaurant und zog lächelnd die Schulter hoch. Wir durften uns hinsetzen, wo wir wollten. Daniel und ich mussten lachen. Gut, dass wir reserviert haben. Wir entschieden uns für ein kleines Tischchen draussen auf der Terrasse. Wir bekamen die Aufmerksamkeit von gleich zwei Kellnern. Der eine Kellner schien noch neu zu sein. Von weitem sah ich ihn mit einem Tablett leicht schwankend auf uns zu flitzen mit zwei schönen grossen, mit Wein gefüllten Gläsern. Auf einmal sah alles wie im Zeitlupenmodus aus. Der Kellner stolperte kurz vor unserem Tisch und man sah wie er versuchte sich auszubalancieren. Doch leider verlor der Kellner und die Gläser bzw. der gute Wein flog in hohem Bogen direkt auf Daniel zu. Dieser erschrak leicht, wahrscheinlich wegen dem plötzlichen kalten Nass was ihm quer über Gesicht, Hals und Oberkörper klatschte. Ich erschrak weil Daniel erschrak und ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. Der arme Kellner kroch schon am Boden und sammelte Scherben während der andere Kellner mit Wasser kam und Daniel damit abtupfen wollte. Hilfe!!! Wir gaben ihnen zu verstehen, dass wir das nicht dramatisch finden und dass das ja jedem mal passieren kann. Am Ende gab man uns jedoch das Dessert aufs Haus. Dann mussten wir uns beeilen damit wir noch rechtzeitig in der Arena ankamen für die Oper. Die Oper war unglaublich schön, diese unglaubliche Kulisse und dann war da über uns noch der Vollmond, der über unseren Köpfen klebte. Ganze vier Stunden beschallten uns die Opernsänger – und Sängerinnen. Sie führten Guiseppe Verdi’s Maskenball auf. Zum Glück haben wir vorher gelesen um was es geht. Wer hier in wen verknallt ist und warum der Richard am Ende vom Renato erstochen wurde. Wer war Schuld? Die Amelia!




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