top of page

The Transsib Experience

Wir möchten euch hier einen kleinen Einblick über unsere Erfahrungen mit der Transsibirischen Eisenbahn geben. In der Tat war dies eine Bereicherung für uns. Zugfahrten haben heute eine ganz andere Bedeutung für uns. Fahrten von 7-8 Stunden erscheinen uns mittlerweile als Kurzstrecke, die man mal eben schnell fährt. Auf der ganzen Strecke von St. Petersburg bis Peking hatten wir die Chance auf russischen, mongolischen und chinesischen Zügen zu fahren. Die Unterschiede waren doch schon etwas spürbar in Bezug auf den Zustand des Zuges sowie deren Personal. Wenn der Zug im Bahnhof hält ,positionieren sich die Schaffnerinnen eines jeden Wagons vor die Tür und überprüfen kritisch die Fahrkarte und den Pass. . Wenn du am richtigen Türchen stehst, darfst du dann auch einsteigen. Man kann hier nicht irgendwo einsteigen und dann durch die Wagons zu seinem Abteil laufen, nein, man muss auch beim richtigen Wagon einsteigen. Die Schaffnerinnen sprachen jeweils nur in ihrer Landessprache. Mit Englisch kam man hier nicht sehr weit. Eine gute Chance seine Mimik und Gestik kreativ auszuprobieren. Sobald man in seinem Abteil saß und der Zug los rollte, verteilten die Schaffnerinnen kleine eingeschweißte Pakete, welche Bettlaken, Bettbezug und ein kleines Handtuch enthielten. Sein Bett bezieht man selber. Auch für das Abziehen der Betten ist der Reisende selbst verantwortlich. Wehe man hat sein Bettzeug und Handtuch nicht vollständig vor Einfahrt in den Bahnhof auf den Wäscheberg vor die Kabine der Schaffnerin geschmissen. Böse, ermahnende Blicke sind garantiert.


Auf allen Zügen, egal ob nun der russische, mongolische oder der chinesische darf der Samowar natürlich nicht fehlen. Ein Samowar ist ein Kessel in dem Wasser erhitzt wird. Dieser dient den Reisenden zur Zubereitung von Instant Gerichten, Tee oder Wasser. In den russischen Zügen und auch auf dem chinesischen Zug wurde das Wasser elektrisch erhitzt. Auf unserer Fahrt mit dem mongolischen Zug von Irkutsk nach Ulan Bator wurde der Samowar sogar noch mit Holz befeuert. Und was die Klimaanlage betrifft, so ist diese nicht pro Abteil zu bedienen, sondern allein die Schaffnerinnen verfügen über die Macht diese an oder aus zustellen. Im Sommer kann das Thermometer im Abteil bis 35C° steigen, sollte die Klimaanlage ausgestellt sein. Es konnte schon vorkommen, dass man bei einer angenehmen frischen Temperatur unter einer Decke einschlief jedoch schweissgebadet mit weggetrampelter Decke wieder aufwachte.


Auf den russischen Zügen ging es in der 2. Klasse (Abteile für jeweils 4 Personen) sehr gesittet zu. Wir buchten, der Erfahrung wegen, auch eine Fahrt in der 3. Klasse (grosses offenes Schlafabteil) und hatten dort eine eher harmlose Fahrt. Von anderen Reisenden der Transsib hörten wir Geschichten, wo jemand leider Zeuge wurde, wie ein Tschetschene versuchte einem Russen in der Nacht die Kehle mit einem Taschenmesser durchzuschneiden. Doch sind diese Geschichten gewiss keine Normalität. Fahrten in der 2. Klasse sind eben einfach entspannter und die Überraschung, mit wem man sich das Abteil wohl teilt, hält sich eher in Grenzen. Russische Schaffnerinnen wirken eher streng. Ein Lächeln gibt es nur, wen man ordentlich den Müll zusammen hält und nicht auf den Bettlaken sitzt.


Die mongolische Bahn ist im Gegensatz zu der russischen eher alt und hier wird noch alles auf die Schienen entsorgt. Alles! Die Schaffnerinnen wirken zwar auch streng aber man bekommt ab und zu ein Lächeln. Und wir hatten den Eindruck, als fänden sie Europäer lustig aussehend. Oft sassen sie in ihrer Kabine und haben sich Essen gekocht oder Milchtee getrunken. Beim Grenzübergang , wenn der Zug stand und das Klo nicht benutzt werden durfte, wurden wir immer wie Hühner wieder zurück in unser Abteil getrieben, während man bildlich versuchte darzustellen, dass man sehr nötig auf Klo musste. Wenn man es gut hatte mit den Schaffnerinnen, wie wir, durfte man heimlich auf Klo während eines 5 stündigen Halts, bei dem das Aussteigen verboten war. Die chinesische Bahn war sehr modern und die Schaffnerinnen waren eher wie kleine Roboter.



Hier kleine Auszüge von unseren Zugbekanntschaften und sonstigen komischen Situationen:


Moskau – Nizhny Novgorod (442km; Dauer 6h39min)

2. Klasse/ 4er Abteil

Wir lernten Igor auf dieser Fahrt kennen. Igor ist Vorsitzender im Sportfischen und lud uns zu einem Fischwettbewerb ein, welcher drei Tage und zwei Nächte dauerte. Leider schafften wir es nicht, ihn zu besuchen.


Landschaften: grüne Idylle, Birken,  Tannen und wieder Birken…wirkt irgendwie beruhigend.




Nizhny Novgorod – Ekaterinburg (1584km; Dauer 21h32min)

2. Klasse/ 4er Abteil

Wir teilen das Abteil mit einer Frau und ihrem kleinen, vielleicht 3 jährigen Sohn. Dem Sohn ist das rechte Ohr auf die Wange gewachsen. Sie ist sehr hilfsbereit und verteilt uns Äpfel. Die Landschaft wieder sehr grün, kaum Dörfer geschweige denn Städte, das Land ist riesig und es gibt Birken. Gegen 14h wird gesaugt, die Schaffnerinnen mit ihren Schürzen saugen durch den Gang und durch die einzelnen Abteile. Alle müssen ihre Füsse heben.


Landschaft: Birken, Birken, Birken….


…..Da liegst du und fährst und fährst durch die Nacht. Du schaust in den Himmel und genau ein Stern strahlt dich an. Nach stundenlanger Fahrt ist er noch immer da, als würde er mitfahren. Seit wir von NiNo aufgebrochen sind, kommt langsam das Gefühl der Transsib. Die Fahrten werden länger und man wird immer ruhiger. Die Landschaften bleiben gleich. Zwischen den endlosen Birkenlandschaften kommt ein Fluss, eine Brücke, vielleicht ein kleines Dorf und das Ganze wiederholt sich wieder und wieder. Man selbst wird immer ruhiger. Uns gefällt dieser Zustand…




Ekaterinburg – Novosibirsk (1525km; Dauer 21h39min)

2. Klasse/ 4er Abteil

Wir teilen das Abteil zu fünft! Wir, sowie eine Mutter mit ihrem kleinen und den sich in der Pubertät befindenden Sohn. Ich sehe diesen Topf unterm Sitz der Mutter und denke noch, „Na, ob da einer reinmachen soll?“…Kaum gedacht wurde meine mir als Scherz gedachte Handlung vollbracht. Zack, Topf raus und der kleine Junge hat brav rein gemacht. Sprachlos und das Lachen unterdrückend sassen wir da.


Am Morgen, als das ganze Abteil noch schlief, kam die Zugtante und saugt erst mal unser Abteil gründlich durch. Guten Morgen. Erinnert mich an Mutti, die am Wochenende, nach einer langen Nacht mich immer nett wecken wollte und vor meiner Tür energisch saugte.


Landschaft: Birken, Birken, Birken, Birken, Birken, Birken, Bürken, Bürken, Bürken, Bürkn, Bürkn, Bürkn, Bükn….




Novosibirsk – Krasnoyarsk (768km; Dauer 13h13min)

3. Klasse / offenes Abteil

Wir haben ein sogenanntes 6er Abteil im offenem Wagon. Juchu – denken wir, wir sind nur zu viert! Wir teilen das Abteil mit zwei älteren Damen. Dame 1 geht um 19h schlafen, warum nicht!? Aber Dame 1 schnarcht! Nein, sie sägt wie eine alte Motorsäge!! Wir hören die ganze Nacht laute Musik auf den Ohren. Ich werde aggressiv und höre Metallica,  zwischen den Pausen höre ich die Frau schnarchen, so furchtbar laut. Aus Wut knalle ich energisch das Fensterrollo runter. Dann ist sie kurz ruhig. Ein Versuch schnell einzuschlafen. Ich verliere. Meine Ohren sind taub von der Musik. Am nächsten Morgen sind wir und die Dame 2 sehr blass und haben Augenränder. Dame 1 streckt sich und schaut uns freundlich an. Ich möchte ihr heissen Tee über die Hand gießen…. Dame 2 hat Mitleid mit uns und schenkt uns Tee und Milchbrötchen verpackt in Folie mit UdSSR Logo. Die Schaffnerin meckert, weil wir unser Bettzeug noch nicht unmittelbar nach dem „Erwachen“ zusammen gerollt haben.



Krasnoyarsk – Irkutsk (1087km; Dauer 18h28min)

2. Klasse, 4er Abteil

Sehr alter Zug, schreiende ätzende Kinder, Soldaten, die erst Dub Step und Techno hören und zum Abschalten gibt’s dann Joe Cocker und Petflaschen Bier bei den jungen Herren. Am Tage sind wir nur zu zweit doch am Morgen erschraken wir, als da plötzlich noch zwei Herren lagen und schliefen. Zwei Geschäftsmänner, welche sich brav ihren Schlafanzug anzogen um am Morgen wieder ihren viel zu grossen Anzug anzuziehen.



Irkutsk – Ulan Bator (1113km; Dauer 32 Stunden)

2. Klasse, 4er Abteil (mongolischer Zug)

Als wir das Abteil betraten, knallte uns eine Wand von Gestank ins Gesicht. Wir teilten uns unser Abteil mit Obstkisten! Durch die Hitze gehrte das Obst bereits. Bananen, Melonen und Kirschen, sie gehörten der Schaffnerin. Wir waren zwar nur zu zweit, aber eben mit Stinkeobst! Der Zug war sehr sehr alt und vom Klo ging alles auf die Schiene. Die Schaffnerinnen lachten über uns und Daniel (Buff auf dem Kopf, wie eine Frau…hihihi). Wir lernten Martin und Paul aus Berlin kennen :-).


Da war er dann, dieser magische Moment. Mitten in der Nacht flog das alte Schiebefenster in unserem Abteil runter und wir wurden vom Wind geweckt, der durch unser Abteil schoss. Die kleinen goldgrünen Gardinen flatterten wild. Wir sprangen beide aus den Betten und stürzten zum Fenster, um es mit Mühe wieder hoch zu schieben. Doch dann blieben wir an der Scheibe kleben. Vor uns lag der Baikalsee, mitten in der Nacht, ca. 2 Uhr. Es war Vollmond und der See war weiss vom Mond. Dazu der wolkenfreie Sternenhimmel. So grell, dass es einen fast blendete. Der Wind pfiff uns um die Ohren aber wir waren ganz eingenommen von diesem Licht. Dazu das rattern des Zuges. So klebten wir fast 10 Minuten an der Scheibe, nur die Kälte holte uns zurück, so dass wir das Fenster wieder schlossen. Dann war es auch schon vorbei und Bäume nahmen uns die Sicht auf den See. Wir danken dem Wind, dass er uns im richtigen Moment geweckt hat.



Ulan Bator – Peking (1356km; Dauer 29h52min)

2. Klasse, 4er Abteil

Ein sehr moderner, chinesischer Zug. Wir teilen das Abteil mit zwei Holländerinnen. Die beiden Holländerinnen sind 2m gross und wir haben Angst vor ihnen, dass sie uns aufessen, wenn wir schlafen. Taten sie aber nicht. Absolutes Highlight auf dieser Strecke der Grenzübergang. Nicht etwa die Zollbeamten, nein, der technische Vorgang, die Räder des Zuges zu wechseln! In China sind die Schienen breiter als in der Mongolei. Der Zug rollt mit samt seinen Passagieren in eine riesige Halle. Türen werden verriegelt, Klimaanlage aus. Der Zug heizt sich auf 45C° auf. Kein Licht. Also schauen alle gespannt aus dem Fenster in die riesige Halle. Die Zugabteile werden getrennt voneinander. Jeweils 3 Abteile stehen nebeneinander und 3 jeweils hintereinander. Dann wurden die Abteile alle einzeln nach oben geliftet. Wir schwebten ca. 4m über dem Boden und schauten gebannt auf die kleinen chinesischen Arbeiter. Die Unterteile des Zuges rollen weg, während wir da in der Luft hängen und die breiteren Räder werden installiert. Ein Prozess von über 2h Stunden. Es ist brutal heiss im Zug. Trinkwasser war alle. Dann geht’s wieder zurück zum Grenzbahnhof und alles stürzt sich aus dem Zug um frische Luft zu atmen. Es gibt einen kleinen Laden in diesem Bahnhof der jedes mal wenn ein Zug voller Touristen einrollt, den Umsatz seines Lebens machen muss. Die Kasse quillt über und das Geld wird nur noch in einen riesigen Topf geschmissen. Die Geldscheine lagen selbst unterm Tisch. Dann schnell schlafen und bereits am morgen rollt man durch wunderschöne Landschaften Chinas bestehend aus Bergen und Flüssen.



bottom of page